Mittwoch, Juni 22, 2005

Scheinheilige

Thorsten ThümlerDer niedersächsische Landtagsabgeordnete Thorsten Thümler (34)

Er gab sich als Reisejournalist im Auftrag der „Nordwest-Zeitung“ aus. Als das Kurhaus Binz Arbeitsbelege anforderte, faxte Thümler Meldungen der Nachrichtenagentur dpa. Schon am Wochenende trat er von allen Ämtern zurück und bot den Austritt aus dem DJV an. Offensichtlich war man in seiner Partei nicht unglücklich über sein Ausscheiden aus dem Landtag.
NDR Fernsehen - Schwere Vorwürfe gegen Reisejournalisten

Bild.T-Online.de - Nachrichten - Raffke-Politiker gibt sich als Reporter
aus


Ein Aufschrei ging durch die Reihen der DJV-Oberen, als bekannt wurde, dass ein Abgeordneter aus Niedersachsen und DJV-Mitglied in Brandenburg sich als Reisejournalist ausgegeben hatte und so zu kostenlosen Übernachtungen kommen wollte. Ein Nichtjournalist im DJV! Unmöglich! Skandal!

ndr Zapp: "Möchtegern-Journalist Thümler verschaffte sich mit dem Presseausweis Vorteile. Der Verband ist empört."

Da gerade der Gesamtvorstand tagte, war dies eine gute Gelegenheit, dem Brandenburger Vorstand Fehlverhalten vorzuwerfen. Doch Herr Thümler war vor Jahren ganz ordentlich als Sprecher des Bauernverbandes in Brandenburg aufgenommen worden und hatte ja auch einmal Journalismus studiert. Seitdem hat man ihn auch nicht mehr nach seinem Bezug zum Journalismus gefragt.

Michael Konken, Bundesvorsitzender DJV: "Der Journalistenausweis berechtigt überhaupt nicht, irgendwelche Rabatte abzufordern oder umsonst zu übernachten. Wer das macht, der begeht Missbrauch mit dem Presseausweis." Gleichzeitig betreibt der DJV mit der Tochter V&S ein Unternehmen, welches sich mit der Beschaffung von Vergünstigungen für Journalisten beschäftigt. Merkwürdige Doppelmoral! Die Wahrheit ist, dass die DJV-Tochter V&S den Mitgliedern Rabatte verschafft und dass es nicht verboten ist den Presseausweis für diesen Zweck einzusetzen.

Jeder Funktionär des DJV weiß, dass der Presseausweis das wichtigste Argument für die Gewinnung neuer Mitglieder ist. Ohne den Presseausweis würde der DJV die Mehrheit seiner Mitglieder verlieren. Eine merkwürdige Doppelmoral wird hier zur Schau gestellt. Wäre es nicht ehrlicher zu sagen, dass auch Beamte oder ADAC-Mitglieder über ihre Organisationen Rabatte erhalten und dies niemanden stört. Der Verband sollte lediglich Vergünstigungen ächten, welche im Zusammenhang mit der Berichterstattung stehen. Wir wollen einen sauberen Journalismus und keine Ächtung der Presserabatte.

In Zapp und Panorama äußerte sich der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken pikiert zu dem Vorfall und statuierte, es würde sich um einen bedauerlichen Einzelfall handeln. Wer den Presseausweis zur Erlangung von Rabatten verwenden würde. würde sofort aus dem Verband entfernt. Michael Konken wird es nicht gelingen, dass er Mitglieder für ein Fehlverhalten kündigt, da nur die Landesverbände dies können. Er ist dummerweise nur der Chef des Dachverbandes.

Wie konnte überhaupt ein Abgeordneter einen Presseausweis besitzen?

Torsten Witt, Vorsitzender DJV-Brandenburg: "Das fragt bedauerlicherweise nach meinem Kenntnisstand in keinem Landesverband so gut wie nie jemand nach. Das heißt, man wird in jungen Jahren Mitglied und solange man seine Beiträge bezahlt und auch sonst nicht negativ auffällt, wie Herr Thümler jetzt, dann fragt auch leider keiner nach."

Natürlich möchte man die Mitgliedsbeiträge der Nichtjournalisten haben und verzichtet daher großzügig auf die Überprüfung der hauptberuflichen Tätigkeit.

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